So schreibst du gute Alt-Texte – aus Sicht eines blinden Internetnutzers

Lesedauer: 4 Minuten
Deniz hält einen Vortrag. Vor ihm ein Laptop und hinter ihm seine Präsentation.

Deniz ist mein Co-Tester, der die Prüfung auf Barrierefreiheit mit Screen-Reader übernimmt. Deniz, der selbst früher eine Sehbehinderung hatte und jetzt blind ist, bringt seine persönlichen Einblicke ein, um auf Barrieren aufzuzeigen und die Wege wie man sie vermeiden bzw. lösen kann.

Er selbst bietet Prüfungen und Beratung, sowie verschiedene Workshops und Sensibilisierungen zur digitalen Barrierefreiheit an.

Für das Thema Alt-Texte habe ich ihn um seine Meinung und Einblicke in die Thematik gebeten.

Was ist dir bei einem Alt-Text wichtig?

Mir persönlich ist es wichtig, dass Sie zum Kontext passen, und auch die Informationen oder nur die Informationen vermitteln, weswegen dieses Bild oder eine Grafik überhaupt verwendet wird.

Welche Bilder sollten als dekorativ gekennzeichnet werden

Das ist eine gute, aber auch eine etwas schwierigere Frage. Es gibt dekorative Elemente, wie z.B. Teaser-Bilder, die für manche Blinde als dekorativ angesehen werden, für andere ist es wiederum kein dekoratives Bild.

Wenn ich z.B. auf einer Webseite bin und mir einen Artikel zu etwas durchlese und dieser Stock-Bilder verwendet, sind sie für mich persönlich als dekorativ einzuordnen. Wenn es aber einen Artikel gibt und das Bild dabei hilft Informationen, Kontext, Gefühle und auch Subtext zu vermitteln, dann würde ich es persönlich nicht als dekoratives Bild einordnen.

Was aber aus meiner Sicht definitiv als dekorativ einzuordnen ist, sind die SVG-Icons, bei Links die darauf verweisen, dass der Link extern öffnet, hierbei könnte das Bild mit einem leeren Alt-Attribut versehen werden und dem Screenreader-User mit anderen Techniken mitgeteilt werden, dass der Link extern ist oder in einem neuen Tab öffnet. 

Welche Bilder sind nicht dekorativ, werden aber oft fälschlicherweise als solche gekennzeichnet

Zunächst muss man bedenken, dass ein Bild, welches als dekorativ gekennzeichnet wird, vom Screenreader übersprungen wird (also der User bekommt nicht mal mit, dass dort ein Bild vorhanden ist).

Da ich selbst nur mit einem Screenreader unterwegs bin, weiss ich also gar nicht so wirklich was ich alles „verpasse“.

Meistens fällt mir das auf, wenn ich zur Startseite möchte. Normalerweise ist das Logo zur Startseite eines der ersten Elemente die auf einer Webseite vorhanden sind und durch diese gelange ich dann zur Startseite. Allerdings gibt es auf einigen Seiten dass Problem, dass das Logo mit einem leeren Alt-Attribut versehen ist und genau dass ist dann der Moment den ich mitbekomme und denke “mmhm, hier fehlt doch was”.

Bilder mit einer Funktion sollten daher nicht als dekorativ gekennzeichnet sein.

Warum ist das ein Problem für dich?

Ich als Screenreader-User bekomme dann gar nicht mit, dass da ein Bild oder eine Grafik zu sehen ist. Also wenn ein <img> als dekorativ gekennzeichnet ist, habe ich keine Chance den Inhalt zu erfassen. Dies ist dann auch am ärgerlichsten, wenn diese Grafiken Links oder selbst gestaltete Buttons sind. Man sollte bedenken, dass wenn man etwas als dekorativ oder ARIA-Hidden auszeichnet, Personen ausgrenzt und daher ein zweites Mal überlegen, ob es dekorativ ist. 

Wie schreibt man einen guten Alt-Text?

Es kommt auf die Grafik/das Bild an, grundsätzlich würde ich Texte, die in Bilder zu sehen sind, nicht als Bild darstellen.

Für mich ist ein guter Alternativ-Text, wenn er die klare und deutliche Information vermittelt, die zu sehen ist und zum Kontext passt. Es muss nicht unbedingt so kurz wie möglich sein, aber man sollte auch nicht vergessen, dass ein Bild mehr als 1.000 Wörter beschreibt. Ich rate dazu, sich in die Lage einer blinden Person zu versetzen, sich das Bild anzuschauen sowie die Informationen um das Bild herum.

Dabei sollte man sich fragen: 

  • warum ist das Bild hier platziert?
  • Was und Wieviel sollte dieses Bild an dieser Stelle vermitteln? 
  • Was ist zu sehen, was wichtig ist? 
  • Was ist in diesem Bild nicht relevant? 
  • Muss hier überhaupt ein Bild verwendet werden?
  • Welchen Informations-Vorteil bringt dieses Bild? 

Wenn man diese Fragen für sich selbst beantworten kann, kann man schon einen sehr guten Alternativ-Text schreiben, ich denke dass es auch dabei hilft, zu entscheiden, ob es ein dekoratives Bild ist oder nicht. 

Hin und wieder bekomme ich auch die Frage gestellt, was ist mit Farben? Hier kann ich aus meiner persönlichen Sicht sprechen, da ich früher noch Farben erkannt habe, und nicht alle Blinden von Geburt an blind sind, kann man bei Alternativ-Texten auch Informationen zur Farbe verwenden – natürlich wenn es eine wichtige Information in einem Bild ist (z.B. Portrait-Bilder)-.

Letztendlich denke ich, dass wenn man sich die o.g. Fragen stellt, auch gute Alternativ-Texte schreiben kann.

Was sollte man im Alt-Text weg lassen

Worauf man meiner Meinung nach verzichten sollte ist, im Alternativ-Text mitzuteilen, dass es sich um ein Bild/Grafik handelt. Der Screenreader interpretiert dies schon von allein und teilt das beim Vorlesen mit, dass es eine Grafik ist.

Außerdem haben Quellenangaben oder Informationen, die nicht aus dem Bild heraus gehen, nichts zu suchen, weil das Informationen sind, die eine sehende Person beim betrachten des Bildes auch nicht hat.

Beispiel eines guten Alt-Text

Deniz hält einen Vortrag. Vor ihm ein Laptop und hinter ihm seine Präsentation.

Normale Version:
Deniz hält einen Vortrag. Vor ihm ein Laptop und hinter ihm seine Präsentation.

Lange Version:
Ein Junger [Mann/Deniz Veljkovic/Deniz] mit dunklen Haaren, kurzem Bart und Brille steht vor einem Pult auf dem ein Laptop steht. Er trägt ein blaues Shirt, er gestikuliert und im Hintergrund ist eine Präsentationsfolie zu sehen. Auf der Folie mit dem Titel X sind Y,Z… zu sehen.

Bei der Länge und Ausführlichkeit des Alternativen Textes kann man sich an der Größe des Bildes orientieren. Wenn das Bild groß dargestellt wird und viel Raum einnimmt kann der Alt-Text auch etwas ausführlicher sein. Die lange Version ist dabei schon recht ausführlich und lang. Länger als das, sollte es nicht sein.

Die kürzere Version ist die übliche Länge eines Alt-Textes.

Wie stehst du zu KI-generierten Alt-Texten? Sind diese hilfreich? Würdest du sie empfehlen?

Ich stehe dazu ganz offen, ich finde es ist für mich als Blinder eine Gute Möglichkeit Bilder beschreiben zu lassen und Rückfragen zu stellen, meistens liest es sich ganz gut.

Bei Alternativ-Texten ist es aber wieder etwas anders. Hier würde ich nicht rein auf KI setzen.

Es sollte bedacht werden, dass die KI nicht den Kontext kennt, den Zweck hinter den Bildern und den Umfang, den es benötigt um die Informationen aus dem Bild zu beschreiben. Wer ein Verständnis hat, wie eine KI funktioniert, die KI richtig anweisen kann und das nochmal qualitativ (mit eigenem Verstand prüft) und auch anpasst, kann sich etwas Schreibarbeit sparen. Aber rein auf KI generierte Alternativtexte zu setzen ohne ein Verständnis für gute Alternativ-Texte, davon würde ich abraten. 

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